Diese Entscheidung ist relevant für Fälle unentgeltlicher Zuwendungen des Verstorbenen, bei denen die Pflichtteilsberechtigten das Vorliegen einer Schenkung bisher oft nur schwer nachweisen konnten.
Sachverhalt des Falles
Der Erblasser übergab 1997 einen großen Teil seines Weinbaubetriebs an den Beklagten, der dafür verschiedene Verpflichtungen übernahm, wie einen Kredit, die Zahlung von Unterhalt und die Lieferung von Wein. Nach dem Tod des Erblassers forderten die Pflichtteilsberechtigten vom Beklagten einen pflichtteilsgemäßen Anteil an der Übertragung des Weinbaus, die sie als Schenkung werteten.
Die rechtliche Frage der Schenkungsabsicht
Das Erstgericht konnte keine Feststellung dazu treffen, ob die der Verstorbene und der Beklagte den Willen zur unentgeltlichen Schenkung hatten, da die Gegenleistungen des Beklagten nur etwa 20 % des Werts des Weinbaubetriebs ausmachten. Auf dieser Grundlage wiesen die Vorinstanzen die Klage der Pflichtteilsberechtigten ab, weil eine strenge Beweispflicht für das Vorliegen der Schenkungsabsicht angenommen wurde.
Die Entscheidung des OGH
Der OGH gab den Klägern jedoch recht und hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf. Der OGH betonte, dass bei unentgeltlichen Zuwendungen, die eine Schenkung darstellen können, das subjektive Element der Schenkungsabsicht nachgewiesen werden muss. Im Falle eines „krassen Missverhältnisses“ zwischen Leistung und Gegenleistung kann jedoch ein Anscheinsbeweis zugunsten der Pflichtteilsberechtigten angenommen werden, was die Beweislast bei der Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen erleichtert.
Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidung erleichtert es Pflichtteilsberechtigten, ihre Ansprüche durchzusetzen, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. In solchen Fällen wird das Vorliegen der Schenkungsabsicht als „indiziert“ betrachtet, was die Beweisführung vereinfacht.
Fazit
Der OGH stärkt mit seiner Entscheidung zu 2 Ob 248/23v vom 19.11.2024 die Rechtsposition von Pflichtteilsberechtigten, indem er ihnen im Falle eines krassen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung eine Beweiserleichterung zugesteht, sodass in einem solchen Fall auf das Vorliegen einer (festzustellenden) Schenkungsabsicht geschlossen werden kann.