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Keine Hemmung des Kindesunterhalts bei „Work & Travel“

In seiner Entscheidung zu 3 Ob 22/25v vom 26.02.2025 hat sich der Oberste Gerichtshof (OGH) mit der Frage befasst, ob ein Auslandsaufenthalt im Rahmen von "Work & Travel" zu einer Hemmung des Kindesunterhalts führt.

3 Ob 22/25v

Sachverhalt

Im zugrunde liegenden Fall führte eine volljährige Tochter gegen ihren Vater ein Exekutionsverfahren zur Hereinbringung von rückständigen Unterhalt. Der Vater brachte dagegen ein Rechtsmittel ein und argumentierte, dass der Unterhaltsanspruch seiner Tochter während ihres einjährigen Auslandsaufenthalts in Australien gehemmt war. Nach der Matura hat seine Tochter nämlich im Rahmen von "Work & Travel" im Ausland gearbeitet und sei daher selbsterhaltungsfähig gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Nach der ständigen Rechtsprechung genügt der Maturaabschluss nicht zur Erlangung der Selbsterhaltungsfähigkeit, wobei in der Regel an die Beendigung der Schule die Berufsausbildung anschließt. Für die endgültige Wahl des Studiums oder der Berufsausbildung ist den unterhaltsberechtigten Kindern eine Überlegungs- und Korrekturfrist zuzubilligen, die im Allgemeinen die Dauer  von einem Jahr nicht übersteigen soll.

Der OGH hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass das in Anspruch genommene Auslandsjahr in Australien, tatsächlich nicht mit einem Universitätsstudium oder einer sonstigen zielgerichteten Ausbildung gleichzusetzen ist. Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung des OGH, dass ein Au-pair-Mädchen, das neben Kost und Quartier von der Gastfamilie ein Taschengeld erhält, ist grundsätzlich nicht selbsterhaltungsfähig ist.

Nach Ansicht des OGH muss dies daher auch für einen Auslandsaufenthalt im Rahmen von "Work & Travel" gelten, bei dem junge Erwachsene in der Regel (nur) gegen freie Kost und Logis, somit ohne zusätzliches Taschengeld der Unterkunftsgeber, bei einer Gastfamilie untergebracht sind, und im Gegenzug im Haushalt und im Garten mitzuarbeiten haben.

Hinzukommt, dass die unterhaltsberechtigte Tochter durch den Auslandsaufenthalt die Möglichkeit erhält, nach Abschluss ihrer Schulausbildung außerhalb ihres gewohnten Umfelds erste Berufserfahrungen zu sammeln, gleichzeitig ihre Englischkenntnisse zu verbessern, ihre Selbständigkeit zu erhöhen und nicht zuletzt auch mehr Klarheit über den von ihr künftig einzuschlagenden Berufs- oder Ausbildungsweg zu gewinnen.

Für die Dauer des Auslandsaufenthalts der Tochter bestand die Unterhaltsverpflichtung des Vaters somit unverändert weiter.

Fazit

Unterhaltspflichtige können sich in der Regel nicht darauf berufen, dass ihre Unterhaltsverpflichtung gehemmt ist oder erlischt, bloß weil sich das Kind nach Schlussabschluss, etwa als Au-Pair oder im Rahmen von "Work & Travel", auf einem längeren Auslandsaufenthalt befindet.

Die Entscheidung des OGH stärkt damit die Rechtsposition junger Erwachsener als Unterhaltsberechtigte in der Übergangsphase zwischen schulischer und akademischer oder sonstiger Ausbildung.

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